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Olle Kamelle? Der demografische Wandel und der Handel und verkannte Möglichkeiten

Angebote für ältere Menschen sollten mehr sein als Telefone mit extra großen Tasten …

Fakt ist, dass die Menschen immer älter werden, und damit auch der Altersdurchschnitt steigt. Das
stellt viele Bereiche vor neue oder erweiterte Herausforderungen – auch den Handel. Viele
Unternehmen reagieren bereits seit Jahren darauf, allerdings mit oftmals fragwürdigen Maßnahmen,
die nur an der Oberfläche des Problems kratzen. Dabei gibt es viele bewährte – und logische –
Lösungen, wie Unternehmen besonders im Handel aus solchen Herausforderungen in Erfolge
verwandeln können. Erfahrenes Fachpersonal ist eine davon.

Um zu sehen, was so alles schief gehen kann, muss man einfach nur mal im TV etwas genauer
hinschauen. Denn was dort geschieht, setzt sich 1:1 im Handel fort. Angefangen beim Unfug der
immer noch geltenden Maxime der „werberelevanten Zielgruppe der 14-49-jährigen“. Okay, manche
Media- und Werbeagenturen haben mittlerweile die Golden Agers und Silver Sufver für sich entdeckt
und bedienen sie – aber wie? Brrrr, doch dazu gleich etwas genauer. Zuerst: Eine werberelevante
Zielgruppe lässt sich nur selten in Altersklassen unterteilen. Warum?


Wer ist hier der Boss?

Ja, wer trifft manchmal bis häufig die Kaufentscheidungen in Familien beziehungsweise beeinflusst
diese? Kinder und Senioren … Als Beispiel: 11-jährige haben zumeist mehr Ahnung von den
neuesten Smartphones und können besser beraten als die meisten Fachverkäufer im Einzelhandel.
Nicht nur das, viele Kinder wissen heute einfach mehr als Erwachsene, was Trends, neue Produkte
oder innovative Services angeht. Klar, wenn es um durchschnittlichen Kraftstoffverbrauch oder
Zusatzleistungen bei Krankenversicherern geht, sieht das anders aus. Bleiben wir aber mal beim
Handel, bei Konsumgütern, bei FMCG und dergleichen. Kinder und Jugendliche beeinflussen
Kaufentscheidungen mehr, als sich die meisten eingestehen wollen. Nicht die 30-jährige Mutter
entscheidet im Supermarkt, welcher Joghurt im Einkaufswagen landet. Und welches Elektroauto das
coolere ist, das bestimmt nicht der Familienvater. Doch zurück zu den älteren Menschen, den Ü-49igern.


Na, wenn die das gut finden …

Ältere Menschen sie haben deutlich mehr Einfluss auf Kaufentscheidungen – auch am POS – als
viele meinen. Und das bei Jüngeren. Wen fragt der junge Familienvater, wenn er im Baumarkt steht
und nicht weiß, welchen Akkuschrauber er besser kaufen soll? Klar, einen Verkäufer – falls mal einer
zu finden ist. In vielen Fällen wird kurzerhand Papa angerufen – der weiß, was das Beste ist. Bei
Fragen zum Rezept für eine gute Hühnersuppe? Mutti, wer denn sonst? Das mag plakativ oder
klischeehaft klingen, ist aber Tatsache. Ein Grund dafür ist die stetig zunehmende
Informationsüberflutung. Es gibt unzählige Rezepte für Hühnersuppe im Internet, ebenso viele
Testberichte zu Akkuschraubern. Doch auf was oder wen wird vertraut? Senioren … Wenn es nicht
die eigenen Eltern sind, dann die der besten Freundin oder eines guten Freundes.


Realität versus Wunschdenken?

Werbung, Marketing und auch Handelsmarketing/Shoppermarketing haben ihre eigenen Gesetze.
Und die sind zuweilen ziemlich seltsam – aber sie gelten. Dazu zählt auch das Dilemma des
Wunschdenkens. Ist leider so. Es wird ein Stereotyp nach dem anderen abgefeiert – in
Marketingabteilungen werden Bilder von idealen Wunschkunden zelebriert. So stellen sich
Verantwortliche ihre Kunden vor, beziehungsweise hätten gerne solche Kunden respektive
Verbraucher. Aber mal im Ernst: Eine Mutter, die ihre Rasselbande mit einem Schoko-Snack
glücklich macht und dann gemeinsam wie ein Pinguin durchs Haus watschelt? Eine Familie (alle
blond mit blauen Augen), die sich wie Schneekönige über ein Abendessen aus der Tüte oder Dose
freuen? Die Liste wäre endlos, gerne an anderer Stelle mal ausführlicher dazu: Stichwörter
Käufersegmentierung und Typologien der Shopper …


Okay, und was bedeutet das für den Handel?

Zuallerst: die klassische Werbung mal getrost vergessen, ebenso wie die Mediaagenturen. Die scheinen auf immer und ewig an die 14-49-jährigen zu schwören. Und darauf, dass die Welt so ist,
wie es sich Agenturen und Unternehmen wünschen. Wer jetzt die Augenbrauen hochzieht, dem sei
geraten, mal an einem Samstagvormittag in eine Innenstadt zu gehen, nur um zu beobachten, wer
da was kauft. Vor allem: von wem. Besonders bei CE und DIY. Wenn, wie bereits erwähnt,
überhaupt ein Verkäufer auf der Fläche anzutreffen ist, hat der dann wirklich Ahnung? Oder erzählt
er nur irgendwas, Hauptsache der Kunde kauft was und lässt ihn dann in Ruhe? Eieieiei … Genau
hier kann der Handel, können Unternehmen gezielt Einfluss nehmen, am POS, am wichtigsten Ort.
Mit geschultem Fachpersonal.


Eine Frage des Vertrauens

Verkäufer ist nicht einfach Verkäufer. Punkt. Einem gestandenen Ü-49er wird eher Glauben
geschenkt, wenn er fachkundig zu Schlagbohrern berät, als einem 20-jährigen, dem man nicht
glauben kann, jemals einen Schraubenzieher benutzt zu haben. Weil neben Produktwissen eben
auch Fachwissen überzeugt. Oder, ebenso klischeehaft, einer Hausfrau, die im Supermarkt über
Molkereiprodukte informiert und wie leicht, schnell und einfach man damit superlecker kochen kann.
Ja, das klingt klischeehaft, ist aber einfach wahr. Niemand käme auf die Idee (oder sollte besser
nicht), an einem Infostand einen Mann Frauen über Tampons beraten zu lassen. Oder eine Frau
Männer über bequeme Unterwäsche.


Wann, wo, und wer!

POS-Promoter, Salesforce-Personal sind nicht einfach irgendwelche Menschen, die mit einem Logo
auf dem Hemd in Dauerschleife gelernte Phrasen dreschen. Zumindest nicht gute … Gutes
Personal, das vom Handel gezielt an verkaufsstarken Tagen oder bei Promotions punktuell
eingesetzt wird, kann so manches abfangen, was die klassische Werbung verbockt. Auch wenn
dabei wie eben in der klassischen Werbung, auf Klischees gesetzt wird. Mit dem Unterschied, dass
diese Klischees einfach wahr sind. Wem wird wohl mehr vertraut, wessen Kaufempfehlung wird eher
gefolgt: einem gelackten Mittzwanziger, der wie aus der Werbung entsprungen aussieht, oder einem
grantigen Senior, der kurz fragt, wofür denn ein Schlagbohrer überhaupt benötigt wird, und dann
einfach nur auf eine Empfehlung zeigt und dann wortlos weitergeht (sollte nicht der Fall sein, nur um
es plakativer zu beschreiben)?


Auf den Punkt gebracht:

Das Leben ist kein Wunschkonzert. Und Werbung erst recht nicht. Am POS, dem wichtigsten Ort in
jeder Customer Journey, kann der Handel Boden gut machen, kann sich mit gutem Fachpersonal auf
Zeit verstärken, verunsicherte Käufer überzeugen – und vor allem für ein positives Einkaufserlebnis
sorgen, und somit Kunden binden und ausbauen.


Gute Verkäufer als Lösung? Olle Kamelle, oder?

Niels Schiff
Allgemein